Denke ich an die Hochzeiten, die ich als Kind miterleben durfte, denke ich vor allem an Baumstriezel – und der Duft nach frischem Hefeteig und feinem Karamell steigt mir unwillkürlich in die Nase. Dieses Traditionsgebäck – über Holzkohle gegrillt – gehört zu einer siebenbürgischen Hochzeit dazu, wie die Braut zum Bräutigam.
Ich wurde diesen Sommer geheiratet, allerdings nicht in Siebenbürgen und an Baumstriezel habe ich gar nicht zu denken gewagt. Doch dann brachte meine Tante Trude als Überraschung für den engsten Familien- und Freundeskreis einige frische Baumstriezel mit. Sie hatte diese morgens vor unserer Hochzeit noch schnell gebacken – wobei schnell geht die Produktion keinesfalls, sie ist eher aufwändig und erfordert handwerkliches Geschick und Erfahrung im Umgang mit Hefeteig. Ein schöner Baumstriezel ist ein kleines Kunstwerk und – wenn er nicht so lecker wäre – fast zu schade, um angeschnitten zu werden. Er wird üblicherweise mit einer Schere geschnitten.
Wer dieses Gebäck erfunden hat und wann, habe ich nicht genau herausfinden können. Sicher ist lediglich, dass es seinen Ursprung im Burzenland oder im angrenzenden Szeklergebiet hat, wo es unter dem Namen Kürtöskolacs bekannt ist. Da für die Herstellung Kristall-Zucker notwendig ist, geht man davon aus, dass sich das Baumstriezel-Backen erst mit der industriellen Produktion von Zucker durchgesetzt hat. Das müsste Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein, denn in Siebenbürgen entstand die erste Zuckerfabrik um das Jahr 1889 in Brenndorf. Die Beschaffung der restlichen Zutaten wie Mehl, Butter, Eier dürfte für die überwiegend aus Landwirten bestehende Bevölkerung kein Problem gewesen sein. Zudem hatte jeder gute Bauernhof einen eigenen, holzbefeuerten Backofen zum Brotbacken.
Der Baumstriezel könnte als “Nebenprodukt” entstanden sein, denn die ersten Back- vorrichtungen nutzten die Hitze der Kohleglut, die vor dem Einschieben der Brotlaibe vor die Backofentür geschoben wurde. Auf zwei eingekerbten Ziegelsteinen, die vor der Glut aufgestellt wurden, drehte man einen gedrechselten Holzstamm so lange (per Hand), bis der mit flüssiger Butter bestrichene und mit Zucker bestreute Hefeteig an der Oberfläche schön karamellisiert war. Nach und nach wurde die Technik verfeinert, die Ziegelsteine durch Halterungen aus Metall ersetzt.
Die überwiegende Mehrheit meiner Landsleute lebt heute in der Bundesrepublik – ihre Vorliebe für Selbstgebackenes haben sich die Siebenbürger jedoch bewahrt. Ja, wenn es um das Bewahren von Traditionen und Bräuchen geht – aber auch um gutes Essen, das so schmeckt “wie früher zu Hause”, liegen sie weit vorne. Genuss macht erfinderisch und es wird immer noch viel Baumstriezel gebacken. Als wir während einer Radtour einmal bei Freunden Halt machten, durfte mein Mann (kein Siebenbürger) spontan Hand anlegen und demonstrierte mit höchster Konzentration die richtige Drehtechnik.
Mmmhhh, waren die Baumstriezel gut; sie schmecken mir ganz frisch am besten und ich esse meistens viel zu viel davon.
Baumstriezel-Backen funktioniert fast überall: Mittlerweile gibt es handliche, umgebaute Grills, die in die kleinste Küche passen. Meine Eltern sind stolze Besitzer eines solchen Gerätes und ich habe mir das Nutzungsrecht daran gesichert. Die Grill-Methode ist natürlich nicht so ursprünglich und nostalgisch, aber die Baumstriezel sind nicht minder fein. Ich mache einfach die Augen zu, träume mich in die Backstube meiner Kindheit und genieße… und demnächst probiere ich den Grill selbst aus. Wer hat Lust, dabei zu sein?
Zutaten und Zubereitung: 1 kg Mehl, 500 ml Milch, 125 g geschmolzene Butter, 1 TL Salz, 2 ganze Eier, ein Eidotter (das Eiweiß zum Verkleben der Teig-Naht aufheben), 1 Würfel frische Hefe. Daraus wird ein fester Hefeteig zubereitet. Den Teig gehen lassen, zugedeckt an einem warmen Ort, das dauert eine gute Stunde.
Für die Glasur: geklärte Butter (Butterschmalz) und Kristall-Zucker (normaler Haushaltszucker).
Den gegangenen Teig in Portionen von 390 g teilen und diese auswalken. Hilfreich ist es, wenn Höhe und Breite des Holzbaumes gemessen werden, so dass das Teig-Rechteck genau passt. Den Baum erst mit flüssigem Butterschmalz bestreichen, den Teig auf den Baum aufrollen und die Nahtstelle mit Eiweiß verkleben. Dann den Teig mit Butterschmalz bestreichen und in Zucker rollen. Wenn der Baumstriezel fertig ist, lässt man ihn vom Baum gleiten, stellt ihn auf Backpapier und deckt ihn oben ebenfalls mit Alufolie oder Backpapier ab.
Und dann wird er lauwarm gegessen.
was aufregend….. vor Allem die outdoor-Variante!
Das Drehen der “Baumstämme” will gekonnt sein und erfordert Ausdauer. Ich weiß wovon ich spreche 😉
Liebe Marie,
im Dezember haben wir Hochzeitstag, da könnte man ja vielleicht…..
Liebe Grüße
Jutta
Liebe Jutta, wenn du mit Hand anlegst, können wir das gerne ausprobieren. Schönes Wochenende. Marie
Baumstriezel erinnern mich auch an meine Kindheit – sehr lecker undd bestimmt gut geeignet für eine gelungene Hochzeitsfeier
gute Idee! Kreativ.
Noch eine Frage: Wie heißt die Stadt oben am Bild?
Danke
Danke für Ihren Kommentar. Die Stadt ist Kronstadt/Brasov
Danke!